Das Gesundheitssystem
Wir werden hier versuchen, Sie mit unserem Gesundheitssystem und den jeweiligen Veränderungen vertraut zu machen. Dabei möchten wir Ihnen einen Überblick zu den folgenden Themen geben:
Rezepte – Wie lange kann ich meine Rezepte einlösen, wer muss was bezahlen?
Befreiung – Ab wann kann ich mich befreien lassen und wie geht das?
Rabattverträge – Was bedeutet das?
Rezepte
Es gibt vier Arten von Rezepten, sie unterscheiden sich durch Ihre Farbe und haben verschiedene Bedeutungen:
Typ 1 – grüne Rezepte
Wird vom Arzt für nicht verschreibungspflichtige Medikamente verwendet und kann nicht zur Erstattung bei der gesetzlichen Krankenkasse eingereicht werden. Es ist ohne Begrenzung gültig, da die darauf verordneten Medikamente auch ohne ein Rezept in der Apotheke gekauft werden können. Es handelt sich um eine ärztliche Kaufempfehlung.
Typ 2 – Privatrezepte
Heutzutage sind die meisten Privatrezepte blau, es gibt aber immer noch individuelle Formulare (z.B. von Heilpraktikern) die ganz andere Formate haben. Manche Ärzte benutzen auch grüne oder rosa Rezeptformulare als Privatrezepte und fügen lediglich das Wort „Privat“ an der Stelle ein, wo sonst die Krankenkasse platziert ist. Ein Privatrezept ist 3 Monate gültig.
Medikamente, die auf einem Privat-Rezept verordnet wurden, müssen grundsätzlich selbst gezahlt werden. Patienten, die bei einer privaten Krankenkasse versichert sind, reichen diese Belege dann zur Kostenrückerstattung bei der Krankenkasse ein.
Für gesetzlich krankenversicherte Patienten werden Privat-Rezepte ausgestellt, wenn das Arzneimittel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird, aber verschreibungspflichtig ist. Dabei kann es sich unter anderem um verschreibungspflichtige Lifestyle-Medikamente (z.B. Verhütungsmittel, potenzsteigernde Mittel, Medikamente zur Gewichtsreduktion o.ä.) handeln und um Arzneimittel wie z.B. Schlafmittel oder Hustenstiller. Da solche Medikamente von der Erstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen sind, müssen sie auch vollständig selbst gezahlt werden.
Typ 3 – Kassenrezepte der gesetzlichen Krankenversicherung
Das Formular des Kassenrezeptes ist rosa. Diese Rezepte stellt der Arzt für verschreibungspflichtige und / oder erstattungsfähige Medikamente (für Kinder und Erwachsene) aus. Es kann bis zu vier Wochen nach der Ausstellung noch in der Apotheke eingelöst werden. Bei einem normalen Kassenrezept muss der Patient in der Regel eine Zuzahlung leisten und das Rezept verbleibt zur Abrechnung mit der Krankenkasse in der Apotheke. Die grünen bzw. Privat-Rezepte bekommt der Patient als Quittung wieder ausgehändigt.
Haben Sie einmal vergessen, das Kassenrezept innerhalb eines Monats in der Apotheke abzugeben, so kann es innerhalb von drei Monaten wie ein Privat-Rezept gegen den vollen Kaufpreis eingelöst werden. Danach ist es endgültig verfallen. Die Quittung kann eventuell bei der Krankenkasse zur Erstattung eingereicht werden, wenn diese einer nachträglichen Erstattung zustimmt. Bitte klären Sie das immer vorher mit Ihrer jeweiligen Krankenkassenvertretung ab.
Typ 4 – das gelbe Rezept
Das gelbe Rezeptformular wird für die Verordnung von so genannten Betäubungsmitteln eingesetzt. Es gibt hierzu sehr strenge Bestimmungen, da diese Arzneimittel ein hohes Missbrauchsrisiko besitzen. Es kann eine Abhängigkeit entstehen.
Betäubungsmittelrezepte können sowohl Kassen- als auch Privatrezepte sein. Für beide gilt aber die sehr eingeschränkte Gültigkeitsdauer von 7 Tagen! Danach kann das Rezept nicht mehr eingelöst werden!
Ein Betäubungsmittelrezept besteht immer aus drei Teilen, wobei das Mittelstück beim Arzt verbleibt und das gelbe Formular sowie ein Durchschlag in der Apotheke abgegeben werden müssen. Der obere gelbe Teil ist dabei zur Abrechnung mit der gesetzlichen Krankenkasse durch die Apotheke oder mit der Privatkasse durch den Patienten bestimmt. Der Durchschlag wird zur Dokumentation für 10 Jahre bei uns in der Apotheke aufgehoben.
Die Beschaffung von entsprechenden Medikamenten ist auch in der Apotheke mit bestimmten Auflagen verbunden: So muss der Apotheker die Arzneimittel, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, immer persönlich entgegennehmen und mit seiner Unterschrift direkt beim Lieferanten quittieren. Deswegen können Bestellungen immer nur am Tage und nicht in der Nacht ausgeliefert werden. Es kann also schon mal sein, dass es z.B. von Freitagnachmittag bis Montagnachmittag dauert, bis ein solches Arzneimittel da ist. In besonderen Fällen können dort Ausnahmeregelungen getroffen werden, wenn Sie z.B. aus dem Krankenhaus entlassen sind und dringend etwas benötigen. Im Zweifel oder bei Verzögerungen rufen Sie uns also bitte frühzeitig an, damit wir reagieren können. Eine Lagerhaltung ist nur selten möglich, da es sich in der Regel um sehr individuelle und teure Medikamente handelt, die nur selten vorkommen.
Wer muss eigentlich wann was und wie viel bezahlen?
„Kinder müssen nie was bezahlen und wenn ich meine Befreiung habe bin ich immer frei!“ – Stimmt das??
Bei allen Regeln gibt es Ausnahmen und so auch bei Rezepten.
Hier ein kleiner Überblick über die Gebühren und wann Sie was bezahlen müssen!
Die Zuzahlung bei einem Kassenrezept:
Bei Arzneimitteln auf einem rosa Kassenrezept müssen normalerweise Zuzahlungen geleistet werden. Diese Zuzahlungen sind abhängig davon, wie viel das Medikament kostet. Ganz allgemein gilt eine Zuzahlung von 10 % des Apothekenverkaufspreises, jedoch mindestens 5,00 € und höchsten 10,00 €. Kostet ein Medikament weniger als 5,00 €, so muss nur der Apothekenverkaufspreis gezahlt werden.
Kostet ein Medikament zwischen 5,00 € und 50,00 €, so wird eine Zuzahlung von 5,00 € erhoben.
Liegt der Preis eines Medikaments zwischen 50,00 € und 100,00 € zahlt der Patient genau 10 % des Gesamtpreises (Apothekenverkaufspreis 75,36 €, die Zuzahlung beträgt 7,54 €)
Ab 100,00 € beträgt die Zuzahlung immer maximal 10,00 €.
Die Zuzahlung ist eine Gebühr, die sich an der Arzneimittelpackung orientiert. Es handelt sich nicht, wie oft vermutet, um eine Rezeptgebühr. Sind also zwei oder drei Präparate auf einem Rezeptformular verordnet, ist für jede Packung eine Zuzahlung zu leisten.
Die Zuzahlungen werden zwar in der Apotheke bezahlt, wir als Apotheke müssen aber diesen Betrag an die Krankenkasse weiterleiten.
Auch wir erhalten eine Vergütung, die sich nicht am Preis des Arzneimittels oder an dem Rezept orientiert, sondern wir werden mit einem gesetzlich festgelegten Pauschalpreis für die Besorgung, Abgabe und Beratung einer Packung bezahlt. Dabei ist es unerheblich, ob ein Präparat 10,00 € oder 1.000,00 € kostet.
Arzneimittel-Zusatzkosten: Festbetrags-Aufpreis bzw. Patientenanteile:
Der Gesetzgeber hat nicht nur die Preise und die Entlohnung für alle an der Arzneimittelverordnung beteiligten Personen festgelegt, sondern reglementiert auch bestimmte Obergrenzen. In den vom Gesundheitsministerium festgelegten, so genannten „Festpreisen“ wird diktiert, dass eine bestimmte Art von Medikament, z.B. ein Blutverdünner oder eine Magenschutzkapsel, nicht teurer sein sollte, als ein Betrag X. Dieser Festbetrag X ist die Obergrenze, bis zu der ein Arzneimittel von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden muss. Ist ein Präparat, weil es besonders neu ist oder eine besondere Tablettenart besitzt, nun teurer als dieser Festbetrag X, so muss der Patient diesen Betrag, zusätzlich zu der gesetzlichen Zuzahlung, bezahlen oder auf ein anderes Präparat umgestellt werden, sofern diese Umstellung möglich ist. Darüber kann nur der behandelnde Arzt entscheiden.
Der Patientenanteil (auf unseren Kassenbons kurz als „Pa“ ausgewiesen) wird, da es sich ja um eine gesetzlich geregelte Sonderabgabe handelt, von den Krankenkassen auch im Nachhinein nicht erstattet oder für die Befreiung angerechnet.
Wenn Sie von der Zuzahlung befreit sind, entfällt bei der Einlösung der Rezepte in der Apotheke zwar die Aufzahlung der 10 % (mind. 5,00 €, max. 10,00 €), aber der Patientenanteil bzw. diese Festbetragsaufzahlung muss trotzdem bezahlt werden. Eine nachträgliche Erstattung ist auch hier meist ausgeschlossen.
Die Festbeträge sind auch der Grund, warum Sie manchmal bei uns in der Apotheke für ein Arzneimittel Ihre Zuzahlung von 5,00 € bezahlen müssen und manchmal nicht. Die Festbeträge werden laufend der aktuellen Marktsituation angepasst. Werden z.B. viele Blutdrucktabletten eines Wirkstoffs viel günstiger angeboten, als der Festbetrag, entscheidet das Gesundheitsministerium, den Festbetrag herabzusetzen.
Solange ein bestimmtes Arzneimittel mindestens 30 % günstiger ist als dieser Festbetrag, verzichtet die Krankenkasse auf Ihre Zuzahlung. Wird nun der Festbetrag abgesenkt, sind die Präparate nicht mehr 30 % günstiger und die Zuzahlung muss wieder bezahlt werden. Damit das Präparat wieder von der Zuzahlung befreit wird, bleibt dem Hersteller nur, seinen Preis herabzusetzen, um wieder in die 30 % Klasse zu kommen. Dieses Instrument wurde 2006 im Zuge der letzten großen Reform eingeführt. Seitdem schaukeln sich die Preise im Wechsel mit erneuten Festbetragsanpassungen gegenseitig nach unten. Von den Preissenkungen profitieren letztendlich auch Sie als Patient, da Sie für die Zeit, in der ein Präparat 30 % günstiger als der Festbetrag ist, keine Zuzahlung leisten müssen. Durch diesen gesetzlichen Preisdruck werden aber für andere Bereiche, z.B. die Arzneimittelforschung und -entwicklung die finanziellen Mittel bei den Pharmaunternehmen knapper.
Kinder:
Kinder sind bis zum 18. Lebensjahr von den Rezeptgebühren (Zuzahlungen) befreit. Davor müssen sie aber schon ab dem 12. Lebensjahr für alle freiverkäuflichen Arzneimittel voll bezahlen, das sind z.B. Erkältungsmittel oder Schmerzmittel. Bis dahin wird von den Krankenkassen alles übernommen.
Allerdings gibt es auch bei Kindern Arzneimittel, die von der Krankenkasse nicht vollständig erstattet werden. Hier muss auch der Patientenanteil über dem Festbetrag entrichtet werden.
Ist ein Kind nachweislich behindert, egal ob geistig oder körperlich und damit in seiner Entwicklung eingeschränkt, so werden von der Krankenkasse, bei entsprechendem Vermerk auf dem Rezept durch den Arzt, bis zum 18. Lebensjahr auch die nicht erstattungsfähigen Medikamente weiter übernommen!
Befreiung:
Sind Sie von der Zuzahlung befreit, müssen Sie in der Regel nichts für Ihre Medikamente bezahlen. Es gibt auch Hausarzt- oder Praxis-Modelle bei verschiedenen Kassen, bei denen Sie keine Praxisgebühr zahlen müssen, dies hat aber keinen Einfluss auf die Zuzahlung in der Apotheke.
Die Befreiung gilt nicht für die so genannten „nicht erstattungsfähigen Arzneimittel“, zu denen z.B. Mittel gegen Erkältungen gehören. Diese, in der Regel freiverkäuflichen Arzneimittel, müssen von den Patienten weiterhin selbst bezahlt werden.
Die Patientenanteile, die als so genannter Festbetragsaufpreis zu zahlen sind, sind ebenfalls weiter zu bezahlen, da dieser Aufpreis, wie schon erläutert, nicht Teil der Krankenkassenleistung ist.
Die Pille:
Die Pille kann bis zum 18. Lebensjahr auf einem normalen Kassenrezept verordnet werden und muss deshalb nicht bezahlt werden. Nach dem 18. Geburtstag wird der Arzt die Pille zwar weiterhin auf einem normalen Kassenrezept verordnen, die Patientin muss aber dann eine Rezeptgebühr in Höhe von 5,00 € bzw. 10% des Apothekenverkaufspreises bezahlen. Nach Vollendung des 20. Lebensjahres darf eine Verhütungsmethode nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnet werden. Der Arzt muss nun ein Privat-Rezept (blau) ausstellen und die Patientin muss den gesetzlichen Apothekenverkaufspreis voll bezahlen. Dies gilt auch für andere Verhütungsmethoden wie die Drei-Monats-Spritze oder den Nuva®-Ring.
Rabattverträge:
Seit dem Inkrafttreten der vorvergangenen großen Gesundheitsreform im Jahr 2007 (GKV-WSG, 1.April 2007) machen immer mehr gesetzliche Krankenkassen von der Regelung der Versorgung ihrer Patienten durch individuelle Rabattverträge Gebrauch. Das System soll Kosten einsparen. Dabei vereinbaren bestimmte Arzneimittelhersteller mit einer oder mehreren Krankenkassen eine meist ausnahmslose Versorgung der Versicherten dieser Krankenkassen mit den Präparaten des Herstellers. Solche Verträge können Laufzeiten von ein bis mehreren Jahren haben und eine Krankenkasse kann zum Beispiel auch Verträge mit mehreren Herstellern gleichzeitig abschließen.
Diese Rabattverträge sind schuld daran, dass Sie bei einer Verordnung durch den Arzt nicht immer genau die verordnete Firma erhalten, sondern oft das gleiche Präparat von einer anderen Firma. Dabei sind wir an die Erfüllung der Rabattverträge gebunden und müssen die gesetzlichen Vorgaben einhalten, da die Krankenkassen andernfalls die Erstattung ablehnen. Zudem dürfen wir Ihre Verordnung nur austauschen, wenn das Arzneimittel in allen Einzelheiten mit der Verordnung übereinstimmt. Dabei war es bis Ende des Jahres 2010 so, dass dabei sowohl die genaue Anzahl an Tabletten als auch alle Indikationsgebiete, für die das Arzneimittel zugelassen ist, identisch sein mussten.
Seit 1. Januar 2011 wurden vom Gesundheitsministerium und der Regierung neue Regeln für diese Punkte definiert. Lesen sie mehr dazu unter AMNOG – Packungsgrößenverordnung.
Ein paar Dinge liegen allerdings noch immer in unseren Möglichkeiten, denn wenn es aus pharmazeutischer Sicht Gründe gibt, die gegen einen Austausch sprechen, dann können wir eine Begründung für die Nichteinhaltung der Rabattverträge anbringen. Das kann sein, wenn Sie z.B. laktoseintolerant sind und das verordnete Präparat keine Laktose enthält, das Rabattarzneimittel aber schon. Oder wenn Ihr Präparat eine besondere Form der Wirkstofffreisetzung besitzt, die für Ihre Krankheit besondere Bedeutung hat. Eine andere Möglichkeit besteht zum Beispiel bei Schluckbeschwerden mit Kapseln: In diesem Fall können wir, wenn der Arzt Tabletten verordnet hat, diese auch nicht gegen Kapseln austauschen. Grundvoraussetzung ist jedoch, und darauf können Sie sich bei uns verlassen: Das Austauschpräparat, das Sie bei uns erhalten hat denselben Wirkstoff in einer identischen oder äquivalenten Darreichungsform. Es verfügt auch über die gleiche Freisetzung und damit eine identische Wirkung über den Tag. Darüber hinaus ist die Anzahl an Tabletten bzw. Kapseln innerhalb der Grenzen der Packungsgrößenverordnung gleich (z.B. N3 = 95 – 100 Stück bei β-Blockern) und die zugelassenen Indikationsgebiete stimmen an mindestens einer Stelle überein. Sie erhalten also nie etwas anderes, als das vom Arzt verordnete Medikament. Lediglich die äußere Verpackung, der Name des Mittels und die Hilfsstoffe variieren manchmal.
Sie sehen, wir überprüfen innerhalb der von der Politik diktierten und von den Herstellern und Krankenkassen kontrollierten Arzneimittelwelt viele Punkte, damit Sie genau die Therapie erhalten, die Ihr Arzt für Sie vorgesehen hat.
Da sich diese Verträge theoretisch bis zu zwei Mal pro Monat ändern können und es regelmäßig neue Verträge gibt, alte Verträge auslaufen oder ergänzt werden, kann sich Ihr Präparat hin und wieder ändern. Wir sind aber dennoch stets bemüht, Ihnen Ihre vertrauten Präparate auszuhändigen, solange es Auswahlmöglichkeiten gibt. Damit Sie neben den ganzen nicht abwendbaren Änderungen durch Ihre Krankenkasse zumindest von uns in der Apotheke ein wenig Kontinuität erfahren. Sehr hilfreich ist deshalb für uns, wenn Sie sich in unserem Kundenkartensystem registrieren und uns so die Möglichkeit einräumen, Einblick in Ihre Medikamentenverordnung zu bekommen. Für die Speicherung Ihrer Daten benötigen wir in jedem Fall aus Datenschutzgründen eine Unterschrift für Ihr Einverständnis, ohne die wir Ihre Daten bei uns nicht einsehen können.
Das AMNOG – die aktuelle Gesundheitsreform seit 01.Januar 2011
Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungs-Gesetz bringt erneut viel Unruhe in den Arzneimittelmarkt.
Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick:
· Packungsgrößenverordnung
· Indikation
· Wunscharzneimittel
Packungsgrößenverordnung
Seit 1. Januar 2011 gibt es eine neue Regelung, die die Packungsgrößen einzelner Indikationsgebiete betrifft. Dabei wurden bestimmte Grenzen festgelegt, für die die sonst üblichen Normgrößenpackungen (N1 – N3) jetzt gelten dürfen. Andere Stückzahlen pro Packung, die nicht innerhalb der Grenzen liegen, sind jetzt keine normierten Packungen mehr und entsprechen nicht mehr der Standardtherapie. Diese Regelung ist für Sie als Patient zwar nicht von großer Bedeutung, da Sie ja die Stückzahl, die der Arzt für Sie vorgesehen hat, nicht beeinflussen können, aber indirekt sind Sie doch davon betroffen. Verordnet der Arzt ein Präparat ohne Normierung, dann erhalten Sie in der Regel genau diese Packung, da der Rabattvertrag nicht richtig angewendet werden kann. Wenn eine normierte Packung auf dem Rezept steht, so müssen wir nicht mehr nur die identische Stückzahl berücksichtigen, sondern müssen innerhalb der Norm-Packungsgrößen-Grenzen einen Austausch vornehmen. Es kann also, um etwas konkreter zu werden passieren, dass Sie anstelle der verordneten 100 Omeprazol Kapseln nur 98 Stück erhalten, wenn Ihre Krankenkasse nur Rabattarzneimittel hat, die zu 98 Stück verpackt sind. Andersherum ist es aber auch möglich, dass Sie statt 12 Clindamycin Tabletten jetzt 16 Stück erhalten und 4 Stück entsorgen müssen, da die Krankenkasse durch die Abgabe der 16 Stück Packung und dem Verwerfen der 4 zu viel gelieferten Tabletten immer noch Geld spart. Und das ist in der heutigen Zeit das entscheidende Kriterium. Wichtig ist, dass Sie uns immer die angedachte Dosierung und Dauer der Therapie mitteilen, damit wir im Zweifel eine Begründung finden, warum es zum Beispiel doch 20 und nicht bloß die nach Rabattvertrag abzugebenden 16 Tabletten sein dürfen.
Indikations-Auslegung
Bis Ende des Jahres 2010 war es nicht möglich, ein Arzneimittel gegen ein rabattiertes Arzneimittel auszutauschen, wenn das abzugebende Rabattarzneimittel nicht mindestens in allen Indikations-Gebieten des verordneten Arzneimittels ebenfalls eine Zulassung hat. Diese sehr strikte Auslegung wurde von den Krankenkassen rechtlich angezweifelt und von den Pharmaunternehmen sehr unterstützt. Wir Apotheker bewegten uns bis dato in einer rechtlich nicht eindeutigen „Grauzone“. Seit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungs-Gesetz am 1.1.2011 reicht es nun aus, wenn ein Rabattarzneimittel zumindest in einer Indikation dem verordneten Präparat entspricht. Es kann Ihnen als Frau mit Bluthochdruck z.B. in Zukunft passieren, dass Sie anstelle eines „Antihypertonikums“ ein wirkstoffgleiches Präparat erhalten, welches aber nur eine Zulassung für eine Prostata-Erkrankung bei Männern hat. In der entsprechenden Packungsbeilage stehen Ihre Erkrankung und die Dosierung für Bluthochdruck nicht drin. Da aber das bekannte und verordnete Präparat neben der Zulassung für die antihypertensive Therapie auch für die Behandlung von Prostatabeschwerden zugelassen ist, stimmt an dieser Stelle eine Indikation überein und ein Austausch wird für uns zur Pflicht! Dennoch ist, durch die Gleichheit des Wirkstoffes, keine Veränderung in der Wirksamkeit bei der Therapie Ihrer Krankheit zu erwarten. Es steht nur eben nicht mehr in der Packungsbeilage. Hier bleibt abzuwarten, in wie weit noch mehr solcher Beispiele Verwirrungen und Therapieabbrüche zur Folge haben werden. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob das neue Medikament, das Sie bekommen haben, nun wirklich noch das für Sie richtige Medikament ist, so rufen Sie uns an oder kommen Sie vorbei. Wir stehen Ihnen gern mit Rat und Tat zur Seite!
Wunscharzneimittel:
Ebenfalls seit 1. Januar 2011 ist es für Sie theoretisch möglich, auch ohne ausdrückliche ärztliche Verordnung einer bestimmten Firma und ohne pharmazeutische Gründe Ihr Wunscharzneimittel zu erhalten. Wenn der Arzt Ihnen ein bestimmtes Präparat aus Kostengründen nicht verordnen will, aber ein günstigeres Generikum mit der identischen Wirkstärke und Packungsgröße verordnet, dürfen Sie Ihr Arzneimittel von der Firma bei uns zum vollen Apothekenverkaufspreis einfordern.
Diese Regelung entspricht im Prinzip der „Kostenerstattung“, das von den privaten Krankenkassen schon immer durchgeführt wird. Sie bezahlen einen Betrag, z.B. 58,30 € für ein Arzneimittel bei uns in der Apotheke. Wir erstellen Ihnen eine Quittung und geben Ihnen eine Kopie des Rezeptes mit. Sie können dann diese Kosten bei Ihrer Krankenkasse einreichen und bekommen eine Erstattung. Allerdings entspricht die von der Krankenkasse erstattete Summe nicht den bezahlten 58,30 €.
Bezahlt: | 58,30 € | für das Originalpräparat (Wunscharzneimittel) | ||
39,73 € | tatsächlicher Preis des Rabattarzneimittels, dieser wird von Krankenkasse als Berechnungsgrundlage angenommen | |||
– 5,00 € | Zuzahlung | |||
– 2,05 € | Apothekenabschlag, Pflichtrabatt gegenüber der GKV | |||
ca. | – 0,30 € | 0,85 % des AEK: Großhandelsabschlag gegenüber der GKV | ||
ca. | – 0,90 € | Herstellerrabatt gegenüber der GKV | ||
– 20,00 € | pauschal für den Rabatt* | |||
= | 11,48 € | (Zwischensumme) | ||
– 0,58 € | 5% Bearbeitungsgebühr für den Erstattungsaufwand | |||
= | 10,90 € | als Erstattungsbetrag von ursprünglich 58,30 € |
Sie erhalten also nur einen Bruchteil der Kosten von Ihrer Krankenkasse zurück, wobei auch hier durch Pauschalen und Abschläge eine genaue Berechnung im Voraus nicht möglich ist. Fragen Sie Ihre Krankenkasse zu Ihren konkreten Fällen, die Sachbearbeiter müssen Ihnen Auskunft geben.
*) der Rabatt ist eine Pauschale, die nach dem Wert des rabattierten Arzneimittels berechnet wird. Bei diesem Beispiel ist es 20,00 €, da der Apothekenverkaufspreis zwischen 30,00 und 60,00 € liegt. Bei Preisen bis 30,00 € werden pauschal 5,00 € abgezogen, bei höheren Preisen als 60,00 € ergeben sich weitere Staffelungen.
Dieses Rechenbeispiel dient nur der Verdeutlichung der Differenz in der Kostenerstattung, wie er vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Die Werte sind rein fiktiv und können, im Bereich der mit „ca.“ gekennzeichneten Werte, von dem tatsächlichen Wert abweichen. Die Rundungsfehler und systematischen Fehler können aber aufgrund der im Verhältnis geringen Beträge dieser beiden Positionen vernachlässigt werden. Entscheidend ist der pauschale Abzug für den nicht offen gelegten Rabatt, den die Krankenkassen mit den Pharmaunternehmen verhandelt haben (= Rabattverträge) und die 5 % Bearbeitungsgebühr, die einen großen Anteil der Abzüge ausmachen (Im Regelfall zw. 17 % bis 67 % der Packungskosten).